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OSG Bänderriss
Für die schnellen Leser – Auf einen Blick
Das obere Sprunggelenk wird durch Bänder in seiner Beweglichkeit geführt. Funktionell entspricht das obere Sprunggelenk einem Scharniergelenk mit einer Bewegungsrichtung nach oben (Dorsalextension) und nach unten (Plantarflektion). (Vgl: Beitrag Anatomie OSG, folgt in Kürze)
Die Bänder auf der Außenseite werden als Außenbänder, die Bänder auf der Innenseite als Innenband bezeichnet. Auf der Innenseite befindet sich ein dreieckförmiges gefächertes Band welches als Deltaband bezeichnet wird. Verletzungen des Deltabands sind zwar prinzipiell möglich, jedoch extreme Raritäten, weshalb sich im Weiteren auf eine Erläuterung der Deltabandverletzungen verzichtet werden kann.
Auf der Außenseite wird die Stabilität durch 3 Bänder gesichert, die jedes für sich oder in Kombination miteinander geschädigt sein können.
Die Verletzung eines der Außenbänder ist eine sehr häufige Folge eines Umknickereignisses des Fußes. Es handelt sich um die häufigste Sportverletzung überhaupt. Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen gehen von einer Häufigkeit von 1 Bänderriss pro 10.000 Einwohner pro Tag aus. Auch wenn jedes der genannten Bänder prinzipiell isoliert geschädigt sein kann, führt der typische Verletzungsmechanismus zu einem typischen Schädigungsmuster. Jedes Band kann für überdehnt, angerissen oder durchgerissen sein. Dabei ist ein weiter vorne gelegenes Band in der Regel mehr geschädigt als ein weiter hinten gelegenes Band. Wurde der Fuß nur verdreht, ohne dass daraus eine Schädigung eines Bandes resultiert hat, spricht man von einer Distorsion. Ist es zu einer Schädigung eines Bandes gekommen wird dies als Bänderriss bezeichnet.
Diagnostik der akuten Außenbandruptur
Umknickereignisse sind leider so häufig, dass eine genaue Diagnostik z.B. durch MRT nicht möglich ist. Hier hat sich in den letzten Jahren ein pragmatisches Vorgehen basierend auf der klinischen Einschätzung der Verletzung etabliert. Eine Testung der Bänder durch sogenannte gehaltene Aufnahmen in der Akutphase ist allgemein verlassen worden. Die Röntgenuntersuchung in einem Apparat, der die Bänder stresst, ist zum einen sehr schmerzhaft, aufgrund der Schmerzen nur eingeschränkt beurteilbar und mit dem Risiko einer weiteren Schädigung der Bänder durch den ausgeübten Stress behaftet.
Ein Knochenbruch (Fraktur) wird in der Regel durch eine einfache Aufnahme des Sprunggelenks ausgeschlossen.
Behandlung der akuten Außenbandruptur
Liegt eine Distorsion, also eine Verdrehung des Sprunggelenks ohne Schädigung der Bänder vor, ist keine besondere Behandlung erforderlich. Die Stabilität des Gelenks ist gegeben.
Wird anhand der klinischen Untersuchung eine Außenbandruptur diagnostiziert, wird in den meisten Fällen eine funktionelle Behandlung mit einer Orthese durchgeführt.
2 verschiedene handelsübliche Orthese zur Stabilisierung des oberen Sprunggelenks
Die Bandage / Orthese hat dabei mehrere Funktionen. Zum einen wird eine leichte Kompression auf die Schwellung des Sprunggelenks ausgeübt. Zum anderen wird das Sprunggelenk stabilisiert, so dass die Bänder in Ruhe heilen können. Es hat sich gezeigt, dass eine frühe Belastung in einer Bandage / Orthese zu besseren Ergebnissen führt als die Ruhigstellung von Fuß und Sprunggelenk in einem Gips. Nach Rückgang der akuten Beschwerden, kann dann ein ergänzendes Training der stabilisierenden Muskulatur erfolgen. Mit zunehmender Heilung der Bänder und bei gleichzeitiger Kräftigung der Muskulatur kann dann eine Entwöhnung von der Orthese erfolgen. Danach ist vor allem eine Sekundärprophylaxe wichtig, d.h. ein erneutes Umknicken sollte vermieden werden, um die frisch geheilten Bänder nicht erneut zu schädigen. Die gilt vor allem bei sportlicher Belastung (z.B. durch Anlegen der Orthese beim Sport oder durch Tape Verbände beim Sport). Die allermeisten Außenbandrupturen heilen durch die konservative funktionelle Behandlung gut aus, so dass eine uneingeschränkte Belastbarkeit des Sprunggelenks wieder möglich ist. Die vor Jahren übliche operative Behandlung frischer Außenbandrupturen ist heute nur noch in besonderen Fällen indiziert.
Diagnostik der chronischen Außenbandruptur
In wenigen Fällen entwickelt sich eine chronische Instabilität. Das Beschwerdebild kann dabei von einem Unsicherheitsgefühl bis zu gehäuften Umknickereignissen reichen.
Die Instabilität des oberen Sprunggelenks kann auf ein Defizit der Muskulatur zurückzuführen sein (funktionelle Instabilität) oder Folge des geschädigten bzw. unzureichend geheilten Bänder (ligamentäre Instabilität).
Eine Unterscheidung ist durch gehaltene Röntgenaufnahmen in einer Spezialapparatur möglich. Durch Druck auf den Innenknöchel wird ein Stress auf die Bänder ausgeübt. Im Röntgenbild kann dann vermessen werden, ob die Knochen sich gegeneinander verschieben lassen, oder durch intakte Bänder in Position gehalten werden und sich nicht gegeneinander verschieben lassen.
Im Röntgenbild zeigt sich eine starke Verkippung des Sprungbeins gegenüber der Knöchelgabel
Achtung: Gehaltene Aufnahmen sollten im schmerzfreien Zustand, also lange nach dem Unfallereignis durchgeführt werden
Behandlung der chronischen Außenbandruptur
Konservative Behandlung
Stabilitätstraining linkes Sprunggelenk auf einem „Kippkreisel“. Erhöhung des Effekts durch eine in den Händen gehaltene Vibrationsstrange
Ein Training der aktiven Stabilisatoren (Muskulatur) des oberen Sprunggelenks ist in jedem Falle sinnvoll. Verschiedene Techniken sind möglich. Das Obere Sprunggelenk wird dabei kontrolliert einem unebenen Untergrund ausgesetzt. Zusätzlicher Stress kann durch halten einer Vibrationsstange ausgeübt werden.
Achtung: ein Training der aktiven Stabilisatoren sollten in keinem Fall so exzessiv durchgeführt werden, dass es zu einem erneuten Umknickereignis kommt.
Ein positiver Effekt kann erst nach einigen Wochen bei konsequentem Training erwartet werden.
Operative Behandlung
Kommt es trotz intensiver konservativer Behandlung nicht zu einer hinreichenden Stabilität des oberen Sprunggelenks, sollte ein operative Rekonstruktion der defekten Bänder erwogen werden.
Als goldener Standard hat sich in den letzten Jahren eine anatomische Rekonstruktion etabliert. Das mittlere Band (Ligamentum calcaneofibulare) kann meist als runder Strang aufgefunden und unter Spannung an seinem Ursprungsort refixiert werden. Das vordere Band (Ligamentum talofibulare anterius) muss als Teil der Gelenkkapsel gerafft und verstärkt werden. Nach der Operation ist eine rasche Belastung des operierten Fußes in einer Orthese möglich. Auch nach einer operativen Rekonstruktion der Außenbänder ist ein weiteres Training der stabilisierenden Muskulatur sehr sinnvoll.
Fazit
Die Außenbandruptur ist die häufigste Sportverletzung. Geschädigt werden meistens das vordere und mittlere Band, wogegen das hintere Band fast immer intakt bleibt. Im Falle einer akuten Verletzung wird die Erstbehandlung mit den Buchstaben PECH (Pause – Eis – Compression – Hochlagern) abgekürzt.
Nach Ausschluss eines Knochenbruchs durch eine Röntgenaufnahme, kann meistens mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, welche Bänder geschädigt sind. Bewährt hat sich eine funktionelle Behandlung mit einer stabilisierenden Orthese. Die früher häufig durchgeführt operative Rekonstruktion der gerissenen Bänder wird heute nur noch selten, vor allem bei chronischen Instabilitäten durchgeführt.
Im weiteren Verlauf sollte ein Training der stabilisierenden Muskulatur durchgeführt werden. Entwickelt sich trotzdem eine chronische Instabilität (selten), ist eine operative Bandrekonstruktion nach entsprechender Diagnostik möglich.
Literatur
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